Vom Hosenbodentest zur Qualitätskontrolle - Brauen nach dem Reinheitsgebot
Wenn ausschließlich Braugerste, Hopfen, Hefe und Wasser eingesetzt wird, braut man Bier nach dem deutschen Reinheitsgebot. Über 1200 Brauereien setzen diesen Vorgang täglich in Gang, um für durstige Kehlen in über 5000 Varianten den geliebten goldgelben Gerstensaft zu produzieren. Unterschiedliche Rezeptur der Rohstoffe, der Lagerungszeit und anderer Brau-Spezifika sorgen für eine derartige Biervielfalt auf natürliche Art und Weise. Seit der Einführung des Reinheitsgebotes von 1516 hat sich das Prinzip des Brauens nicht verändert.

Zu Gunsten eines hygienisch perfekteren Brauablaufs, der letztlich Geschmack, Qualität und Haltbarkeit des Bieres garantiert, haben im Laufe der Zeit moderne, technische Geräte Einzug in die Brauerei gehalten. Teilweise sogar computergestützte Ablaufkontrolle sorgt für einwandfreies Brauen. Präzise Meßtechniken und Analysen ermöglichen eine permanente Qualitätskontrolle in den verschiedenen Phasen des Brauprozesses. Auf diese Weise muß nicht mehr der traditionelle Hosenbodentest hinhalten, um die richtige Konsistenz des Bieres zu testen. Die Braumeister werden heute in die Lage versetzt, Biere gleichbleibender Qualität herzustellen.

Erfahrung macht den Brauer
Zwar wußten schon die Assyrer eine Art Bier herzustellen, doch ist trotz seines relativ einfachen Verfahrens das Brauen eine Kunst für sich, die von hohen Fachkenntnissen und handwerklichem Geschick geprägt ist. Gute Brauer sind begehrt und genießen in Brauerkreisen den Status eines Drei-Sterne-Kochs. Schließlich müssen sie dafür Sorge tragen, daß das Bier immer gleich schmeckt und gleich gut ist. Denn ein gutes Bier braucht sorgfältige Auswahl der Rohstoffe, Abstimmung der Rezeptur und exakte Steuerung des Brauvorgangs mit Hilfe wissenschaftlicher Erkenntnisse. Vom Einmaischen des Malzes, dem Sieden unter Zugabe von Hopfen, anschließender Gärung mit der Hefe und dem Reifen des Jungbieres bis hin zum Filtrieren und Abfüllen.

Mälzersache: Keimen und Darren
Vor dem eigentlichen Brauprozeß muß Braugetreide zu Malz verarbeitet werden. Durch Keimen werden die im Korn enthaltenen Enzyme aktiviert, die Stärke auf natürlichem Wege in Malzzucker umwandeln. Die Keimung wird gestoppt durch Darren, also Trocknen und Rösten. Dabei entstehen je nach Malztyp verschiedene Aromastoffe, die Geschmack und Farbe der späteren Biere prägen.
Beim Brauen geht's heiß her
Jetzt wird's heiß: Bei 45 bis 78 Grad Celsius wird das zuvor geschrotete und gesäuberte Malz mit Wasser stufenweise erhitzt. Durch die Erhitzung der sogenannten Maische wird die Rest-Stärke in wasserlösliche Zucker und Gärstoffe umgewandelt, die unauflöslichen Bestandteile, Treber genannt, abgesondert. Was bleibt ist die Würze, bestehend aus gelöstem Malzzucker und den hochwertigen Nährstoffen des Malzkornes, die nun in die Würzepfanne gelangt, um dort unter Zugabe von Hopfen gesiedet zu werden.
Die Würze konzentriert sich durch Wasserverdampfung. Gleichzeitig werden die Inhaltsstoffe des Hopfens freigesetzt, die dem Bier sein Aroma und seine Bittere verleihen. Nach dieser heißen Episode folgt die Abkühlungsphase der gewonnenen Stammwürze.

Gut wird, was lange gärt
Nun kann mit dem Gärvorgang durch Zugabe von Bierhefe begonnen werden. Innerhalb weniger Tage wird der Malzzucker zu Alkohol und Kohlensäure abgebaut. Die aus dem Malz gelösten Nährstoffe - hauptsächlich Kohlenhydrate, Mineralstoffe und Vitamine - sorgen beim Bier für eine Ausgewogenheit der Inhaltstoffe. Jetzt ist das Bier von seiner Substanz her fertig gebraut - aber das sogenannte Jungbier muß noch einige Zeit reifen, ehe es vollen Geschmack entfaltet.
Damit es blank wird, filtriert man vor der Abfüllung noch Trubstoffe und Hefe ab, bevor das Bier schließlich in Flaschen, Dosen oder Fässern abgefüllt wird. Bei der Herstellung von Weizen bleibt etwas Hefe erhalten - das Ergebnis ist das Hefeweizen, die blankfiltrierte Variante heißt Kristallweizen.
Das Brauen nach dem Reinheitsgebot bringt ein Bier hervor, das in mehreren Stufen unter Nutzung rein biologischer Vorgänge hergestellt wird, ohne das Zusatzstoffe benötigt werden. Die Qualität der Biere, gebraut nach dem Reinheitsgebot, beruht daher auf der Qualität der Rohstoffe sowie der Sorgfalt und Kunst seiner Braumeister.
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